Intervalle und ihre Wirkung
Mit dieser Praxislektion möchte ich einmal skizzieren, welche Wirkung verschiedene Intervalle auf mich haben. Natürlich ist das überwiegend subjektiv und basiert auf meiner eigenen Erfahrung. Aber ggf. entwickelst du daraus ja ein erweitertes Verständnis der Intervalle und empfindest das eine oder andere gleichermaßen.
Ich behandle nur die Intervalle zwischen Sekunde und None. Die Prime ist letztendlich der gleiche Tone und alles über einer None empfinde ich als Wiederholung der Intervalle, in gewisser Hinsicht. Zwar ist die None bereits eine Art Wiederholung, weil es wie die Sekunde ist, nur oktaviert, allerdings empfinde ich hier noch stärker einen Unterschied zur Sekunde als ich es zwischen Terz und Dezime empfinden würde.
Wichtig ist außerdem, dass es keinen Sinn ergibt, wenn man Intervalle ohne Kontext betrachtet! Einige Intervalle können im Kontext von anderen Harmonien o.ä. eine ganz andere Wirkung entfalten. In dieser Auflistung versuche ich mich auf den bloßen Klang der allein für sich klingenden Intervalle zu beziehen. Bzw. ggf. auch im Kontext von Melodien ohne sonstige Begleitung.
Die Bilder der Intervalle folgen der Logik: Erst sukzessiv, dann simultan. Von den Notenwerten wäre das rhythmisch betrachtet keine übliche Notation - zumal die Taktstriche darüber hinaus fehlten. (-;
Theorie zu dieser Praxis:
kleine Sekunde
Die kleine Sekunde ist das engste Intervall und klingt dadurch eher dissonant. Es eignet sich gut um Spannung zu erzeugen. Das Seufzermotiv ist durch dieses Intervall geprägt. Es wurde in der Musik oft angewendet, um verschiedene eher negativ behaftete Emotionen auszudrücken vgl..
Stücke, die durch dieses Intervall geprägt werden sind mitunter Für Elise oder auch der typische James Bond Lauf geht zweimal eine Sekunde rauf und dann wieder eine runter - spiel das mal an irgendeinem Instrument und du dürftest sofort bemerken, was ich meine.
Kurz:
- dissonant
- einengend
- negativ behaftete Emotionen
große Sekunde
Die große Sekunde ist zwar immer noch relativ eng, wirkt auf mich aber weitaus offener, fast schon komödiantisch oder fröhlich. Man probiere z.B. einmal einen Triller mit einer großen Sekunde aus.
Ein weiter Aspekt ist: Wenn man nur große Sekunden aneinander reiht, bekommt man außerdem eine Ganztonleiter, die sehr verzaubert und verträumt wirken kann. Witzig wirkt auch ein Triller auf einer großen Sekunde.
Kurz:
- offen
- unschlüssig
- eingängig
kleine Terz
Die kleine Terz ist in unserer Hörgewohnheit (der abendländischen Musik) prägend für Moll-Harmonien und wirkt damit oft eher einengend, bedrückend oder typischer Weise traurig auf uns. Staffelt man mehrere kleine Terzen aneinaner, bekommt man einen verminderten Klang, der ebenfalls sehr einengend wirkt.
Der Kuckucksruf ist typischer Weise in einer kleinen Terz und kann somit auch irgendwie positiv oder optimistisch auf uns wirken. Durch die Verbindung zum Vogelruf bekommt die Terz mitunter auch einen signalhaften Charakter.
Kurz:
- melancholisch
- bedrückend
- signalhaft
große Terz
Gegenüber der kleinen Terz ist die große Terz prägend für Dur Harmonien und wirkt dadurch eher positiv und heiter. Große Terzen übereinander gelegt können einen übermäßigen Klang erzeugen. Das klingt hingegen eher sehr offen und auch irgendwie groß, wie ich finde.
Kurz:
- heiter
- offen
- konsonant
Quarte
Die Quarte ist ein sehr leer klingendes Intervall. Das deutsche Martinshorn erklingt zudam in einer Quarte vgl.. Das verleiht der Quarte einen starken signalhaften Charakter.
Für mich hat die Quarte zudem die Tendenz zum oberen Ton zu leiten. Würde man z.B. auf jeden der zwei Töne der sukzessiv gespielten Quarte (also nacheinander gespielte Töne) einen Dur Akkord bilden, könnte das betrachtet aus der Stufentheorie eine Dominante und eine Tonika sein (z.B. im Notenbeispiel C-Dur und F-Dur). Für mich führt der untere Ton einer Quarte zumindest zum oberen.
Kurz:
- stark signalhaft
- Jagd
- offen
Tritonus
Der Tritonus ist das wohl schrägste Intervall. Er teilt die Oktave in der Hälfte. Für mich klingt dieses Intervall sehr schwebend. Es klingt demnach zugleich, melodisch gespielt, als wolle die Melodie im Anschluss irgendwo hin. Vielleicht möchte es einen weiteren Halbton hoch, um auf die Quinte zu kommen? Oder runter, um auf die Quarte zu gelangen?
Kurz:
- schräg
- schwebend / ungewiss
- gefährlich
Quinte
Die Quinte ist - wie die Quarte - ein leer klingendes Intervall. Sie hat, meiner Empfindung nach, ebenfalls eine Tendenz, wie die Quarte: allerdings ist die Tendenz nicht zum oberen Ton zu springen, sondern zum unteren Ton. Im Notenbeispiel könnte man (vgl. mit Quarte) z.B. G-Dur zu C-Dur darin sehen.
Kurz:
- signalhaft
- Jagd
- abschließend
kleine Sexte
Für mich ist die kleine Sexte ähnlich der kleinen Terz und hat entsprechend einen etwas melancholischere Klang. Man wird stets an Moll denken, bei dem Intervall. Es klingt außerdem aufwärts gespielt für mich auch etwas nach dramatischem Aufbruch und abwärts gespielt nach Kummer.
Kurz:
- melancholisch
- dramatischer Aufbruch
- Kummer
große Sexte
Auch die große Sexte betrachte ich sehr ähnlich zur großen Terz (wie kleine Sexte zur kleinen Terz). Sie klingt eher nach Dur und hat auf mich auch wieder auf- und abwärts gespielt verschiedene Wirkungen. Aufwärts klingt das Intervall für mich wieder nach einem Aufbruch, allerdings ein optimistischer. Abwärts klingt die große Sexte hingegen für mich beinahe abschließend - es fehlt nur noch der vermeintliche Grundton die Quarte über den unteren zuletzt gespielten Ton.
Kurz:
- optimistischer Aufbruch
- fast abschließend
- hell
kleine Septime
Da die kleine Septime gerne in einem Dominantseptakkord genutzt wird, klingt das Intervall für mich etwas schwebend und so, als wolle es sich irgendwo hin auflösen. Ich verbinde das Intervall zudem irgendwie mit Zeitvergehen.
Kurz:
- schwebend
- Drang sich tonal aufzulösen
- Vergänglichkeit
große Septime
Die große Septime finde ich sehr interessant, weil sie sukzessiv (also nacheinander) gespielt eine andere Wirkung auf mich hat, als simultan (gleichzeitig) gespielt. Wenn ich das Intervall aufwärts spiele, klingt es sehr schwebend schräg für mich. Abwärts gespielt klingt es hingegen so, als löse sich die Tonalität auf und komme zu einem Ende (das ist geschuldet, weil man quasi einen Leitton spielt und danach den auflösenden Ton eine Oktave tiefer). Wenn das Intervall gleichzeitig klingt, wirklt es auf mich sehr verträumt.
Kurz:
- schwebend schräg
- Drang sich (stärker) tonal aufzulösen
- verträumt
Oktave
Die Oktave klingt vollkommen leer, da es ja im Endeffekt quasi nur zweimal der gleiche Ton ist. Durch diese Tondoppelung macht es den Klang aber auch irgendwie mächtiger oder fundierter.
Kurz:
- vollkommen leer
- mächtig
- fundiert
kleine None
Die kleine None ist ja quasi wie die kleine Sekunde nur mit einer Oktave dazwischen. Dennoch ist die Wirkung auf mich sehr unterschiedlich. Für mich ist das Intervall äußerst schräg und auch unbehaglich schwebend.
Kurz:
- äußerst schräg
- unbehaglich schwebend
- Ungewissheit
große None
So wie die kleine None ähnlich zur kleinen Sekunde ist, ist die große None ähnlich zur großen Sekunde. Für mich klingt dieses Intervall sehr offen und wie ein vielversprechender Aufbruch. Zugleich hat der Klang aber auch den Drang sich aufzulösen - entweder eine große Sekunde nach oben oder unten.
Kurz:
- sehr offen
- vielversprechender Aufbruch
- Drang sich tonal aufzulösen
No Comments