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Melodie konzipieren

Dieser Praxistipp soll dabei helfen, Melodien zu konzipieren und entsprechend ggf. sogar schon zu komponieren. Ich versuche bei diesem Praxistipp darauf zu achten, dass wenigstens ein Großteil bereits ohne Musiktheorie-Kenntnisse zugänglich ist.

Auch möchte ich vorweg erwähnen, dass es einigen eventuell etwas pedantisch vorkommen könnte. Aber keine Sorge: ich konzipiere jetzt auch nicht jede Melodie in der Art, dass ich mir Schritt für Schritt all diese Dinge bis ins kleinste Detail überlege. Meine Erfahrung ist nur, dass es sinnvoll sein kann, wenigstens grob einmal über die verschiedenen Aspekte nachzudenken, um neue inspirierende Impulse zu bekommen. Im Endeffekt passiert vieles im Verlauf der Zeit ohnehin automatisch.

Theorie zu dieser Praxis:


Intention klären

Um eine Melodie zu kreieren, kann es sinnvoll sein einmal darüber nachzudenken, was eigentlich mit dieser Melodie ausgedrückt werden soll. Das wird nicht immer ein Muss sein, kann aber durchaus helfen. Nach Klärung gewisser Fragen passiert dann Folgendes: zum einen hast du womöglich eine etwas andere Denkweise und kreierst eine Melodie bereits zielegrichteter. Zum anderen kannst du aber weiterführende Fragen stellen. Ich bin ein Freund von Listen. Deshalb kommt hier jetzt einmal eine Liste mit möglichen Fragen, die dich ggf. inspirieren können. Dabei sind die eingerückten Punkte weiterführende Fragen:

  • Soll eine oder mehrere Emotion/en erzeugt werden?
    • Welche Emotion/en konkret?
    • Welche musikalischen Elemente erzeugen diese Emotion/en?
  • Soll eine Handlung untermalt werden?
    • Was für eine Dynamik hat die Handlung? Passiert z.B. viel oder eher wenig?
    • Gibt es gewisse Elemente in der Handlung, die hervorgehoben werden könnten oder gar sollten?
    • Wer ist Protagonist und wer ist Antagonist?
    • Sind hier Emotionen wichtig? Siehe oben.
    • In welche Richtung geht die dramaturgische Spannung? Gibt es überhaupt eine?
  • Soll ein Sachverhalt dargestellt werden?
    • Was bildet dieser Sachverhalt genau ab?
    • Handelt es sich um etwas Abstraktes?
    • Ist es ein Objekt oder Lebewesen aus unserer Welt?
    • Geht es um Wissenschaft? Politik? Gesellschaft? Etc.

Nach Klärung dieser oder ähnlicher Fragen könnte man ggf. schon einige Ideen bekommen haben. Falls nicht, ist es nicht schlimm - dafür versuche ich ja zu helfen. Gehen wir also einige weitere Punkte durch, die die Inspiration ankurbeln könnten.


Rhythmus

Nach Klärung der Fragen kann man sich weiterführend einmal Gedanken machen, wie der Rhythmus der Melodie generell sein könnte. Bereits mit rhythmischen Charakteristiken lässt sich so einiges ausdrücken. So würde ich z.B. langsame Dinge oder gar Stillstand mit eher großen Notenwerten ausdrücken, wohingegen bei schnellen Dingen kürzere Notenwerte gut funtkionieren dürften. Man sollte sich auch überlegen, was generell eher langsam oder schnell ist. Dinge wie Traurigkeit, Lustlosigkeit oder auch Langeweile sind für mich eher verbunden mit "langsam sein"Freude, Wut oder auch Motivation sind für mich hingegen eher verbunden mit "schnell sein".

Beim Thema Rhythmus sollte man nie vergessen, dass Pausen eine entscheidende Rolle spielen! Vor allem im Bereich der Improvisation tendieren, meiner Erfahrung nach, gerade Anfänger immer dazu, viele Töne und keine oder etwas zu wenig Pausen zu nutzen. Das mag ein bisschen seltsam klingen, aber Pausen kann man letztendlich auch nutzen / spielen. Man kann sich das natürlich auch zunutze machen und auf Pausen verzichten und somit letztendlich eine gewisse Unruhe ausdrücken. Oder man nutzt viele oder lange Pausen, was eine Melodie eher träge wirken lässt.

Beispiel "gelassen"

Beispiel "unruhig"


Tonale Richtung

Neben dem Rhythmus kommt jetzt die Tonhöhe mit ins Spiel (du kannst natürlich auch den Rhythmus im Anschluss erst angehen!). Damit fügen wir sozusagen eine Dimension hinzu. Hierbei kann man sich ruhig erst einmal überlegen, in welche Richtung die Töne gehen sollen. Sollen sie runter gehen? Eher hoch? Oder ggf. soll der gleiche Ton wiederholt werden?! Das kann man kleingliedrig für jeden Ton machen, oder - vermutlich sinnvoller - in größeren Abschnitten und / oder der gesamten Form der Melodie gedacht.

Nehmen wir als Beispiel, dass wir ausdrücken wollen, wie sich etwas in einer Abwärtsspirale befindet. Eine Idee wäre es hierbei, dass die Melodie stetig eine Tendenz hat niedriger zu verlaufen. Vielleicht geht es um Unentschlossenheit und die Melodie geht stetig auf und ab. Vielleicht soll die Melodie aber auch den dramaturgischen Aufstieg und Fall eines Helden skizzieren und die Melodie geht erst auf und danach noch viel tiefer wieder hinunter. Wir können das auch umdrehen und einmal davon ausgehen, dass etwas ausgedrückt werden soll, was nicht viel Bewegung hat. Dann könnten wir mit der Melodie auch überwiegend auf nur einem Ton stehen bleiben. Ist alles erlaubt!

Folgend ein paar mögliche Beispiele:

Beispiel "Hoffnung": aufwärts

Beispiel "ruhig" / "selbstbewusst" / "stetig": bleibend

Beispiel "zur Ruhe / zum Abschluss kommen": abwärts


Harmonischer Kontext

Es gibt noch weitere Kapitel, die Praxistipps zum kreieren einer Melodie liefern. Z.B. das Erstellen einer Melodie durch Intervalle oder durch Tonleitertöne. Dabei werden wir uns mit den Tönen der Melodie vermutlich stets in einer gewissen Tonleiter oder einer Harmonie befinden. Das können wir uns zunutze machen. Eventuell gibt es z.B. erst Akkorde oder es gibt eine Modulation in einer andere Tonart. Das kann letztendlich auch dabei helfen, die Melodie zu formen. Denn ggf. hat die Melodie bereits ein Konzept, eine Richtung oder einen fast fertigen Part und dann kommt eine andere Harmonie. Ggf. gibt uns diese neue Harmonie neue Ideen, welche Töne als nächstes kommen. Ggf. ist die Melodie aber auch so konzipiert, dass sie auf mehrere Harmonien passt und dadurch, trotz gleich bleibendem Motiv, stets eine andere Wirkung entfaltet.

Beispiel "nur Melodie"

Beispiel "einengend" oder "heiter"

Beispiel "verträumt"

Beispiel "dramatisch"

Diese Beispiele gehen allerdings beinahe in Richtung des Kapitels, das sich nachher mit Akkorden befasst.