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Prinzipien der Audiobearbeitung

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Ich möchte, dass du hiermit erst einmal ein Grundverständnis bekommst, was es damals bedeutet hat und heute letztendlich bedeutet, wenn es darum geht Ton (Audio) zu bearbeiten. Dabei mache ich einen kleinen historischen Exkurs und entnehme daraus wichtige Prinzipien.


Historisches

Meinen Recherchen nach begann alles im Jahre 1807, als der erste sogenannte Kymograph von Thomas Young gebaut wurde vgl.. Es handelte sich dabei um eine Walze, in die Wellen geritzt wurde, um somit Daten, die zeitlich verteilt sind (z.B. Schallwellen), aufzeichnen zu können. 1847 wurde das Gerät zum Zwecke der Blutdruckmessung genutzt und nicht unbedingt zur Wiedergabe von Schallwellen.

1857 wurde dann der erste sogenannte Phonautograph von Édouard-Léon Scott de Martinville entwickelt, mit dem man ebenfalls Schall festhalten aber noch nicht wiedergeben konnte vgl.. Mit diesem Gerät wurde 1860 letztendlich die älteste bekannte Tonaufnahme erstellt (Stand 2022). Etwas ähnlich geschrieben und doch ein andere Gerät war schließlich der Phonograph von Thomas Edison im Jahre 1877 vgl.. Dieses Gerät war erstmals dazu gedacht Schall aufzuzeichnen und dann auch danach wiederzugeben. Erwähnenswert ist, dass Charles Cros ganz kurz vor Edison bereits diese Idee, aber nicht die finanziellen Mittel hatte sein Paléophone umzusetzen.

Im Jahre 1887 gab es schließlich das erste Grammophon von Emil Berliner vgl.. Dieses Gerät ist in gewisser Hinsicht der Vorreiter zum Plattenspieler - mit dem Unterschied, dass es auch aufnehmen konnte. Es Im Gegensatz zu Edisons und Cros Prinzip mit Walzen, die mit Tiefenschrift geritzt wurden, um den Schall festzuhalten, war die Technik im Grammophon eine Seitenschrift. Wenn man sich einmal eine Schallplatte unter der Lupe anguckt, kann man auch erkennen, dass sich auf der Schallplatte viele Rillen befinden, die uneben sind und somit die eingeritzten Schalldaten enthalten.

Valdemar Poulsen erfand 1898 das erste Telegraphon, das erstmalig Schall mit elektromagnetischer Induktion aufzeichnen konnte vgl.. Prinzipiell war die Idee einen Anrufbeantworter zu haben.

1935 gab es von der Firma AEG das erste sogenannte Magnetophon vgl.. Es führte sozusagen die Technik des magnetisierten Tonbands ein, auf das einfach Tonaufnahmen festgehalten werden konnten. Es war somit gegenüber bisherigen Techniken weitaus einfacher zu handhaben. Die erste Tonbandkassette (also nicht mehr offen geführtes Band) stellte die Radio Corporation of America ca. 1958 vor und die erste Kompaktkassette gabe es dann schließlich 1963 von der Firma Philips vgl..

Danach ging es im Bereich Tonaufnahme später digital weiter mit z.B. Compact Discs, die ab dem Jahre 1981 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde vgl.. Die Festplatte hat ihre historischen Wurzeln bereits 1956 und sollte hierbei auch erwähnt werden, weil sie meines Erachtens nach auch maßgeblich zum Wandel der Audiobearbeitung beigetragen haben dürfte vgl..


Wandel

Ich möchte es vorsichtig als Mängel bezeichnen, die historisch gesehen im Vergleich zu heute noch existierten. Man kann sich denken, dass das Ritzen in Materie mit einer Nadel eher mühselig, kosten- und zeitintensiv waren. Zudem war das Signal nur ein einzelnes Signal, wenn nur eine Nadel etwas aufnehmen konnte. Die Stereophonie entwickelte sich erst schleichend parallel vgl..


Analog vs digital

Der Punkt analog vs. digital scheint ein leidiges und ewiges Streitthema zu sein in der Audiowelt. So gibt es viele Produzent*innen, die darauf schwören, dass sie hören können, wenn analoges Equipment genutzt wurde und digital als "kalt" ansehen. Digitale Verfechter (bin ich übrigens auch) argumentieren hingegen, dass mit Blindtests bereits mehrfach bewiesen wurde, dass Analogliebhaber eben doch nicht wirklich sagen können, was jetzt analog oder digital war. Ich persönlich finde vor allem das Argument interessant, dass man im digitalen Raum viel kreativere Dinge anstellen kann, die analog gar nicht mal möglich wären. Zudem wurde mir von einem Audioplugin Entwickler erklärt, dass das Imitieren von analogem Klang im digitalen Raum letztendlich bedeutet, absichtliche Fehler und Minimalverzerrung einzubauen - also das Signal sozusagen schlechte zu machen. Schon verrückt, nicht wahr? Zu der Thematik kann ich das Video Die überfällige Krise der Audiophilen von Ultralativ empfehlen.

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Der technische Unterschied von analog und digital besteht vor allem darin, dass bei analogen Signalen quasi keine Zwischenschritte vorhanden sind (siehe linke Seite des oberen Bildes). Digitale Audiodateien haben in der Regel eine sogenannte Samplingtiefe, die angibt, in wie vielen Schritten die Lautstärkewerte eines Audiosignals in digitalen konkreten Zahlen abgebildet werden sollen. Hätte ich z.B. 2 Bit, könnte ich nur vier Zustände haben: 0 (00), 1 (01), 2 (10) und 3 (11) und müsste auf dieser vierstufigen Skala für jeden Zeitpunkt der Länge des Audios den Lautstärkewert festhalten. Das mutet jetzt so an, als bekäme ich dadurch ein Audiosignal, das optisch einer harten kantigen Treppe ähnelt (siehe rechte Seite des oberen Bildes; Auflösung ist hier aber nicht bei 2 Bit) - wäre vermutlich auch so. Allerdings handelt es sich hier im Beispiel um 2 Bit. Gängiger sind 16, wenn nicht gar 24 Bit - und da hätten wir dann eher 65000 oder >16mio "Lautstärkewerte", die eingenommen werden können. Bei diesem Maß an Detail kann man sicherlich nicht mehr wirklich mit dem bloßen Ohr die unterschiedlichen Lautstärke-Sprünge differenzieren.

Ich möchte folgend gewisse Aspekte nennen, die mit dem heutigen technischen Stand ein enormer Fortschritt zu damals für mich darstellen.


Non-Destruktivität

Statt Materie kaputt zu machen und für einen Audioschnitt wortwörtlich ein band zerschneiden zu müssen, hat man heute die Möglichkeit non-destruktiv zu arbeiten. Man hat in der Regel eine Datei, die man hier und dort etwas beschneiden kann und diesen Schnitt im Programm in der Regel mit nur einem Mausklick wieder rückgängig machen kann.


Ökonomie

Statt sämtliche Tonbänder, Walzen oder andere Materialien verschwenden zu müssen, kann man eine Festplatte in der Regel viel öfter wiederbeschreiben. Das wird im Gegensatz zum Verbrauch physischer Materialien sicherlich ökologischer sein, aber auch zeitlich und finanziell betrachtet ökonomischer. Achja: und es gibt eine enorme Platzersparnis, da man keine physikalischen Tonträger mehr irgendwo verstauen muss.


Zugang

Da heutzutage sehr viele Menschen einen Zugang zu Technik haben, vermute ich den Zugang zu Tontechnik auch viel verbreiteter und einfacher im Vergleich zu damals. Fast jeder Mensch hat heutzutage ein Handy, mit dem er oder sie auch Dinge aufnehmen kann. So einfach kann man mittlerweile zum Tontechniker werden! (;


Stereo

In Stereo zu produzieren ist heutzutage auch einfacher als damals. Zwar sind Stereoaufnahmen sicherlich dann doch weniger Menschen zugänglich, wenn man z.B. zwei Mikrofone benötigt. Hat man hingegen einen kleinen mobilen Audiorekorder, ist es nicht selten, dass dieser auch in Stereo aufnehmen kann. Und die Produktionen, die man direkt (auch ohne externe Aufnahmen) in einem Programm machen kann, können ebenfalls mit nur einem Klick in eine Stereo Audiodatei exportiert werden.


Prinzip Audiobearbeitung

Kommen wir jetzt endlich zum eigentlichen Prinzip der Audiobearbeitung, das ich versuchen möchte erst einmal abstrakt darzustellen.


Klangquelle
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Zunächst bedarf es einer Klangquelle. Entweder ist das etwas, was z.B. mit einem Mikrofon aufgenommen wird, eine bereits existierende Audiodatei oder vielleicht ja auch ein Synthesizer oder ähnlicher digitaler Klangerzeuger in z.B. einem Musikprogramm.

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Bearbeitung
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Im nächsten Schritt kann man keine oder mehrere Bearbeitungen am Material vornehmen. Denkbar wäre hier folgende teils sehr grundlegende Bearbeitungsmöglichkeiten:

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Man kann das Material schneiden und bei Bedarf sogar neu arrangieren. Ich möchte beinahe vom "Komponieren" des Materials reden - je nachdem, was man so damit macht, kann es kreativer und weniger kreativ ausarten. Hängt natürlich auch davon ab, was man als Ziel verfolgt. Dann kann man die Lautstärke des Materials oder nur von Teilen des Materials anpassen. Vielleicht blendet man auch einige Stellen ein oder aus. Dieser Prozess der Lautstärkeanpassung ist natürlich nachher auch über Effekte möglich - es ist auch irgendwie stets ein fließender Übergang. Letztendlich kann man auch auf das Material (oder nur in Teilen) sogenannte Effekte anwenden, um es zu bearbeiten, optimieren, verfremden, mixen, mastern, etc. Was das konkret für Effekte sein können, werde ich in einem gesonderten Buch behandeln.

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Exportieren
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Letztendlich wird man das Endergebnis als finale Datei (oder mehrere Dateien) exportieren. Das bedeutet, dass man alle vorangegangenen Bearbeitungsprozesse vom Programm berechnen und in eine Datei schreiben lässt. Dadurch erhält man technisch gesehen wiederum ein Ergebnis, das selbst wieder erneut diesen Prozess durchlaufen könnte, wenn man wollte.