Taktarten
Nachdem wir nun Notenwerte und Tempo kennen gelernt haben, werde ich in diesem Unterabschnitt genauer darauf eingehen, was Taktarten sind - und quasi auch "warum". Rhythmisch betrachtet würde ich es als nächst höheres Ordnungsprinzip gegenüber der Notenwerte betrachten.
Prinzip
Das Prinzip bei der Notation der Taktart - und entsprechend auch die damit einhergehende Logik - ist, dass es wie in der Mathematik eine Art Zähler und eine Art Nenner gibt. Der Nenner ist meist ein regulärer Notenwert: 4 oder 8 oder 2, etc. Der Zähler gibt dann dabei an, wie viele dieser Werte in einen Takt passen. Dazu gibt es auch noch Symbole für den herkömmlichen Takt (ein C) und letzteren in Alla Breve (ein durchgestrichenes C). Hier eine Übersicht mit enthaltenen Notenwerten als Veranschaulichung:
Den Mathematiker*innen unter uns könnte nun auffallen, dass der letzte Takt mit Alla Breve (quasi 2/2) - und auch der 2/4 Takt weiter oben - irgendwie etwas unlogisch erscheinen können. Es handelt sich hierbei tatsächlich nur um eine Art Halbierung / Verdoppelung der Notenwerte, was dann entscheidend wird, wenn das Stück ein höheres Tempo hat. An dieser Stelle kann das aber erst einmal vernachlässigt werden, da es mir nur um die allgemeine Logik bei Taktarten geht.
Betrachten wir nun erst einmal den 4/4-Takt: es wird angegeben, dass sich vier Viertelnoten in einem Takt befinden. Dieser Platz könnte aber auch mit anderen Notenwerten aufgefüllt werden - oder eine Mischung wäre denkbar. Ein Takt könnte z.B. aus acht Achtelnoten bestehen. Es könnten auch zwei halbe Noten sein. Er könnte aber auch zwei Achtelnoten, eine Viertelnote und acht Sechzehntelnoten enthalten:
Betonungen
Taktarten haben meist auch ein metrisches Betonungsmuster. Folgend ein Beispiel, wie verschiedene Taktarten betont werden könnten (andere Betonungen sind natürlich auch möglich):
3/4-Takt
Der 3/4-Takt hat zunächst eine starke Betonung, danach eine schwache Betonung und auf dem dritten Schlag wieder eine stärkere Betonung.
4/4-Takt
Der 4/4-Takt hat hier eine sehr übliche Betonung: erst der stärkste Schlag, dann schwach, dann wieder etwas stärker, aber nicht so stark wie der erste Schlag und schließlich wieder schwach, ggf. sogar noch ein bisschen schwächer. Wenn man modernere Musik betrachtet, könnte man an dieser Stelle auch den sogenannten Backbeat anführen und die Gewichtungen wären anders. Dann wären der zweite und vierte Schlag die starken Betonugen und die anderen die schwachen.
5/4-Takt
Für den 5/4-Takt habe ich mal zwei unterschiedliche Betonungsmöglichkeiten aufgezeigt. In der ersten Variante (oben) gibt es eine starke, dann sehr schwache, schwache, wieder stärkere und wieder schwächere Betonung. In der zweiten Variante (unten) ist es: sehr stark, schwächer, wieder etwas stärker, sehr schwach, nur noch schwach. Dabei kann sich in einem derartigen Taktmaß ergeben, dass quasi - wie in diesen Beispielen - quasi zwei unterschiedliche Taktmaße versteckt sind: ein 2/4 und ein 3/4. In der ersten variante ist ein 3/4, gefolgt vom 2/4 und in der zweiten Variante kommt erst der 2/4 und dann der 3/4. So etwas kann sehr stark das Feeling eines Musikstücks ändern.
9/8-Takt
Der 9/8-Takt hat in meinen Beispielen ebenfalls zwei unterschiedliche Betonungsmöglichkeiten. Das obere Beispiel zeigt, wie man drei Dreiergruppen haben kann, von denen der erste Schlag immer ein bisschen schwächer betont wird. Das untere Beispiel hingegen hat drei Zweiergruppe und eine Dreiergruppe, wobei die ersten Schläge dieser Gruppen auch stets etwas schwächer betont werden. Das Abschwächen der Betonungen ist hierbei aber auch ein bisschen meine persönliche Eigenart. Wichtiger hierbei ist eher die Gruppierung der Achtelnoten. Ich habe im Bild ganz leicht unten noch einmal auch im Notenbild eine andere Gruppierung gezeigt, um die Betonungen zu verdeutlichen. Das erste Beispiel wirkt auf mich etwas fließender und tänzerischer, wohingegen das untere Beispiel härter und stockender wirkt, aber zugleich auch energischer.
Warum Takte?
Nun kann man sich zum Teil fragen, was es mit diesen ganzen Einteilungen und Taktmaßen auf sich hat. Also offensichtlich dürfte sein, dass man mit dem weiteren Ordnungsprinzip die Musik besser strukturieren kann. Man hat dann mit den Takten die nächst größeren Sinnabschnitte und damit ein gutes "Werkzeug" zur Gliederung. Was allerdings sicherlich etwas zum Denken anregen könnte: "Warum gibt es 2/2 Takte aber auch 4/4 Takte, wenn die doch mathematisch gesehen gleich lang sind?" oder auch "Warum wählt man einen 6/4 Takt gegenüber einem 6/8 Takt?".
Wegen der Betonungen / Gewichtungen ...
Ein 2/2 Takt hat, gegenüber einem 4/4 Takt, in der Regel einen betonten Schlag und einen weniger betonten Schlag. Und dann ist der Takt auch schon zu Ende. Bei einem 4/4 Takt gibt es hingegen meist mindestens drei unterschiedlich betonte Schläge, oft sogar 4. Das kann das Feeling mitunter anders gestalten. D.h. mathematisch betrachtet wären beide Takte gleich "lang" von den Notenwerten her, aber der 2/2 Takt hat nur zwei unterschiedliche Betonungen. Ein 2/2 ist z.B. üblicher für einen Marsch. Beim Beispiel für die Betonungen des 9/8 Takts wird hoffentlich darüber hinaus deutlich, wie unterschiedliche Betonungen generell das Feeling noch einmal ändern können.
Wegen des Metrums ...
Zum einen kann das gefühlte Metrum ausschlaggebend sein. Vergleichen wir hierfür einmal 2/2 und 2/4. Beide Taktarten haben zwei Schläge in einem Takt. Der 2/2-Takt hat zwei halbe Noten und der 2/4-Takt hat zwei Viertelnoten in einem Takt - es sind jeweils nur zwei Schläge. Wenn ich jetzt auf eine Viertelnote das Tempo 120 setze, wäre das für den 2/2-Takt, falls ein Schlag genau so lange andauern soll, ein Tempo von 240 BPM. Wenn man alles rein relativ betrachtet, ist das natürlich auch egal! Also kurze Antwort, gemäß meiner Erfahrung: wenn es nicht um Notation geht und es rein um des bloße Feeling geht, ist es fast egal, welchen Notenwert man als Metrum nimmt! Ggf. könnte es ein minimal anderes Feeling geben, wenn man bei einem Metrum die Schwerpunkte beachtet bzw. anders setzt (siehe oben bei "Betonungen"). So habe ich in dem ersten Betonungsbeispiel zum 9/8 Takt quasi drei gleichmäßige Schläge, aber beim zweiten Beispiel quasi vier Schläge, von denen einer auch noch irregulär länger ist.
Jetzt kommt zusätzlich ein bisschen Technik: in einem Musikprogramm könnte es zudem weitere Unterschiede geben. Eine Viertelnote ist in einem Musikprogramm meist technisch aufgeteilt. So könnte z.B. die Auflösung für eine Viertelnote in einem Musikprogramm mit 96 PPQ (steht für "pulse per quarter") eingestellt sein. Das bezeichnet sozusagen die Abtastrate der Daten für eine Viertelnote. Bei 96 wird für eine Viertelnote also 96 mal in dem jeweiligen Zeitintervall für die Viertelnote dieselbe "abgetastet". Es können also auf der Note technisch gesehen 96 Datenwerte untergebracht werden (als MIDI Noten dann z.B. ein Crescendo, das mit 96 Punkten anschwillt). Wenn wir nun einen 2/2-Takt hätten mit dem doppelten Tempo, würde das bedeuten, dass wir bei gleichbleibender PPQ Einstellung auch doppelt so viele Daten pro Schlag unterbringen könnten - nicht pro Viertel, sondern pro Metrumschlag, da dieser ja zwei Viertel enthielte. Natürlich könnte man, falls das Musikprogramm das zulässt, letztendlich auch einfach die PPQ Einstellung verdoppeln. Und sowieso - und das erachte ich als entscheidend - ist meiner Erfahrung nach die Realität nachher die, dass das nicht spürbar auffallen sollte. Also auch hier, vom technischen Aspekt aus betrachtet, ist es egal, welchen Notenwert man als Metrum nutzt.
Wegen der Notation ...
Zum anderen kann die Leserlichkeit und Verständlichkeit für gewisse musikalische Motive durch sinnvollere Taktart-Wahl verbessert werden. Ggf. fällt mir noch ein besseres Beispiel ein, aber vorerst soll das hier genügen:
Hier gibt es bei der ersten Taktart einen 4/4-Takt, der vier Triolen hat. Die zweite gezeigte Taktart, ein 12/8-Takt, hat hingegen keine Triolen, sondern einfache Achtelnoten - 12 an der Zahl. Es fällt hierbei natürlich nur die kleine Drei optisch weg, was aber beim Musizieren am Instrument und vom Feeling her durchaus einen Unterschied bringen kann. Die erste Taktart (also einen 4/4-Takt) wählt man an sich nicht, um ein so triolisches Motiv durchgehend zu komponieren. Solche Triolen werden meist eher nur temporär angewendet und das Stück ist sonst eher binär (falls es nicht z.B. Swing ist).
Praxisbezug
Mit Taktarten gibt es ein weiteres Orednungsprinzip in der Musik. Es ist vor allem sehr prägend für den Musikstil nachher. Einige Genres haben typische Taktmaße, wobei das meistverbreitete wohl 4/4 sein dürfte. Außerdem kann, wie bei Betonungen bereits erwähnt, eine Taktart mitunter das Feeling eines Stücks stark beeinflussen.
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